Nun denn, nachdem ich gestern aufhoeren musste weil Anja mal ganz dringend musste, kann ich nur sagen, das sie seit dem nicht mehr von der Keramik runtergekommen ist. Von wegen Saumagen, sau schlecht geht es Ihrem Magen. Wir werden wenigstens einen Tag laenger in Siem Reap bleiben wie geplant. So what.
Aber stehen geblieben bin ich bei unserer Ankunft hier. Wir sind jetzt 3
Tage durch die Tempel von Angkor und Umgebung gegeistert und ich kenne die
Tempel nur durch das Objektiv meiner Kamera. Unglaublich schoen. Da wir immer
die ersten Besucher sind haben wir die ganze Pracht, inclusive Morgenrot fuer
uns alleine.
Bei soviel Schoenheit muss man sich nicht mit jedem geschichtlichen Detail
aufhalten, man kann die Eindruecke einfach geniessen. Wer hier regiert hat,
wusste das Leben zu geniessen und sein Volk
auszubeuten. Die Anlagen sind bis zu 1,5 x 3 Km gross und bestehen aus aeusseren
Wasseranlagen, dann folgen umgebende Mauern, gefolgt von Freiflaechen mit
Lotus- und Seerosenbassins. Die eigentlichen Tempelanlagen im Inneren sind
auf 3-4 Ebenen aufgebaut die in drei Tannenzapfenfoermigen Tuermen enden.
Die Anlage ist komplett aus Sandstein errichtet, der von Elefanten aus einem
35 Km entferten Steinbruch geholt wurde. Nach dem Aufbau wurde jeder Stein
mit kunstvollen Steinmetzarbeiten versehen. Fachreliefs die sich auf 4 x 100
m an den Mauern entlangziegen und die gesamten indischen Gottheiten beschreiben.
Tuer- und Fensterrahmen, Fussboeden, Decken, weitere Wasserbassins im inneren,
alles komplett verziehrt mit Steinmetzarbeiten. Den koelner Dom haetten die
Khmer wahrscheinlich noch im vorbeigehen aus den Abfaellen von Angkor Wat
gebaut.
Alles streng geometrisch angelegt und von Ost nach West ausgerichtet, sodass
man immer ein wundervolles Licht hat.
Anja sucht sich meist ein lauschiges Plaetzchen um zu lesen, Musik zu hoeren
und zu entspannen, waehrend ich 12h die Tempel hoch- und runterklettere, photographiere
und den verschiedenen Guides der Touristengruppen zuhoere. Die Anlagen sind
komplett begehbar. Das heisst nicht das es ueberall moeglich ist das man hinklettern
kann, aber es ist nie verboten. Quasi keine Absperrung und ab und an
wackelt auch einmal einer der Steinquader unter den Fuessen und man wird ploetzlich
ganz vorsichtig. In Deutschland koennte man sich das ganze nur durch den Zaun
ansehen, undenkbar solch eine Ruine
zu begehen.
Zwei Tempel haben es mir noch viel mehr angetan wie Angkor Wat. Bayon, ist komplett mit Buddah-Koepfen uebersaeht. Hier haben die Tannenzapfen an allen 4 Seiten je einen, bis zu 6m hohen Buddahkopf, der einen mit seinem breiten Grinsen ansieht. Unser Fahrer nennt Bayon den smeili-faces-tempol. Das zweite Highlight ist Ta Phrom. In diesem, komplett von alten, Jahrhunderte alten, Feigenbaeumen zurueckeroberten Tempel wurden schon Teile von ThombRaider und ZweiBrueder gedreht. Eine unglaubliche Kulisse. Die Baueme sind teilweise mit den Tempeln verwachsen, haben sie ueber Jahrhunderte auseinadergedrueckt um jetzt die Ruinen die entstanden sind zusammenzuhalten. Mannsdicke Wurzeln die sich Ihren Weg durch die Gebaeude gebahnt haben, fliessende Uebergaenge von Stein zu Holz und wieder zu Stein, herabgestuerzte Truemmer die schon wieder mit dem Baum verwachsen sind, Baeume die 10 Mann nicht umgreifen koennten wachsen auf den Gebaeuden und stuetzen Sie mit Ihren Wurzeln. Der Djungol-Tempol, ein absolutes mustSee.
Vor den Anlagen gibt es ueberall leckeres kombidianisches Essen, kalte Getraenke
und wenn es uns zu heiss wird setzen wir uns zu unserem Fahrer ins Auto und
lassen die Klimaanlage laufen. Ist der perfekte Sinnesrausch dekadent? Who
cares. Wir haben uebrigens den fettesten Gelaendewagen der dort rumfaehrt
bekommen und unsere Fahrer behandelt Ihn wie ein rohes Ei. Einzig die Radfahrer
schaffen es nicht uns zu ueberholen. Aber nach der Hoellenfahrt hierher haben
wir uns diesen Fahrer verdient. Er ist eine echte Seele, liegt den ganzen
Tag im Wagen oder in der Haengematte des Imbisstandes, an den er uns faehrt,
und geniesst das Leben. Klar das er dort umsonst verpflegt wird, wenn er uns
abgeliefert hat. Hier hat das Leben einen ganz eigenen Takt, auf den man sich
sehr leicht einpendeln kann. Einzig das er uns immer um 5:00 abholen muss
duerfte sein Lebensglueck etwas trueben, da er Abends mit seinem eigenen TukTuk
faehrt, und da ist er natuerlich auch immer in unserer Naehe um sichere Fahrgaeste
zu
haben. Er kennt aber auch alle 5-Star-Toilets in Kambodia, was wir sehr, und
Anja seit heute noch mehr, zu schaetzen wissen. Originalton auf dem heutigen
Weg zum Tonle-Sap-See: "is hal houl dlive, but only tu tlee sta Toilet
on way." ("Its a half hour drive, but only two 3-Star-toilets on
the way").
Tonle-Sap-See ist das andere Kambodia. Menschen die auf Booten im brackigen
Flusslauf und in Pfahlhuetten am Seeufer leben. Menschen die mit und von Wasser
leben, das wir nicht einmal verwenden wuerden fuer die Klospuelung. In einem
Fluss der in der Regenzeit um 3-4 Meter ansteigen kann. In Huetten die wir
uns nicht als Brennholz aufschlichten wuerden. Alles mit einer wunderschoenen
Dekoration aus Plastiktueten, Styropor, Treibholz und anderem unverrottbaren
Muell in den "Vorgaerten", den Uferzonen und unter den Pfahlhuetten.
Dazwischen Kinder die im Wasser plantschen, Maenner die sich mit einer Blechschuessel
als Dusche das Wasser ueberschuetten und Frauen die
Ihr Geschirr im Fluss spuelen. Lebensraum, Wasserstrasse, Fischgrund (auch
fuer die besten Restaurants des Landes), Muellkippe, Badezimmer, Kinderstube,
Nahrungsquelle, der Tonle-Sap. Ein See von ueber 300 x 50 km Groesse. Eine
der Lebensadern des Landes. Erschreckend.
So, dass wars fuer heute. Ich hoffe das es Anja morgen wieder besser geht und wir in den Norden Thailands zu einer Motorradtour aufbrechen koennen.
Gruesse aus Angkor what?
L.H. Preußer
Siem Reap/Angkor,
02.12.2001 20:52
Wer Reschtschreipfeler findet darf sie behalten.